Nr. 1 Christa Wolf, Kindheitsmuster, Aufbauverlag, 1976
Der erste Satz:
Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd.
Im diesem Sommer in Weimar fiel mir immer wieder Christa Wolfs Buch Kindheitsmuster ein, das ich lange davor gelesen habe. Ich fantasierte mir zusammen, dass auch hier die Protagonistin des Romans Rast gemacht hatte. Station auf einer Reise mit Mann, Tochter und Bruder zu Orten der Kindheit.
Daheim stellte ich fest, dass ich das Buch vor 22(!) Jahren gelesen habe, erkannte beim Anlesen keine Stelle wieder, merkte aber bald, dass es sich bei der Stadt keineswegs um Weimar gehandelt hatte.
Es war ein Städtchen im heutigen Polen, in das die Erzählerin von einem Ort der DDR aus fährt, mitten im heißen Sommer in den 70ern.
Die Hauptfigur, jetzt selbst Mutter, spürt dem kleinen Mädchen Nelly nach, ihrem Leben in einer erst scheinbar sehr heilen Großfamilie, mit all dem, was ein Leben in einer Kleinstadt zu bieten hat, das erst unmerkliche, bald jedoch immer fester werdende Netz des Naziregimes, das auch vor der kindlichen Welt Nellys nicht Halt macht.
Nach kurzer Zeit stellt sich die Frage nicht mehr, ob sich eine erwachsene Person solcher Details erinnern kann.
Die Geschichte zieht den Leser einfach in den Bann dieser Personen, mit denen das kleine Mädchen, ausgestattet mit einem sehr hellen und vieles in Frage stellenden Geistes, zu tun hat.
Auch durch den Ton, den die erwachsene Frau erzeugt, die sich selbst mit du anspricht.
Je näher die „Erinnerungslupe“ über der Geschichte kreist, um so unfaßbarer wird das Erleben, egal, ob es Sätze des Lehrers oder Stimmen von Familienangehörigen sind. Und immer wieder blendet sich die Erzählerin in die Gegenwart ein, in die DDR der 70er Jahre.
So birgt das heutige Buch eine doppelte Vergangenheit – eine zweite Erinnerungsschicht.
Am Ende flieht die Familie nach Westen, und besonders in diesen Tagen scheint die Stärke dieser Mutter, Charlotte Jordan, keiner Grenzen zu unterliegen.
Obwohl das die Geschichte einer durchschnittlichen deutschen Familie ist, wird dem Leser immer wieder sehr deutlich vorgeführt, wie wenig von dem Mythos des „Nichts-gewusst-habens“ übrig bleiben kann.
Immer wieder die Frage der Erzählerin : Was macht uns zu dem, was wir heute sind?
Und im Titel liegt die Antwort:
"Kindheitsmuster, sagte H., beiläufig. Es war vor der Apotheke, Ecke Thälmannstraße. Damit war das geregelt.
„Muster kommt vom lateinischen „monstrum“, was ursprünglich Probestück geheißen hat und dir nur recht sein kann. Doch werden auch Monstren im heutigen Wortsinn auftreten.
Bald schon, jetzt gleich, der Standartenführer Rudi Arndt (ein Vieh, das glaub mir, nichts weiter als ein Vieh. Aussage von Charlotte Jordan.)"
Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd.
Im diesem Sommer in Weimar fiel mir immer wieder Christa Wolfs Buch Kindheitsmuster ein, das ich lange davor gelesen habe. Ich fantasierte mir zusammen, dass auch hier die Protagonistin des Romans Rast gemacht hatte. Station auf einer Reise mit Mann, Tochter und Bruder zu Orten der Kindheit.
Daheim stellte ich fest, dass ich das Buch vor 22(!) Jahren gelesen habe, erkannte beim Anlesen keine Stelle wieder, merkte aber bald, dass es sich bei der Stadt keineswegs um Weimar gehandelt hatte.
Es war ein Städtchen im heutigen Polen, in das die Erzählerin von einem Ort der DDR aus fährt, mitten im heißen Sommer in den 70ern.
Die Hauptfigur, jetzt selbst Mutter, spürt dem kleinen Mädchen Nelly nach, ihrem Leben in einer erst scheinbar sehr heilen Großfamilie, mit all dem, was ein Leben in einer Kleinstadt zu bieten hat, das erst unmerkliche, bald jedoch immer fester werdende Netz des Naziregimes, das auch vor der kindlichen Welt Nellys nicht Halt macht.
Nach kurzer Zeit stellt sich die Frage nicht mehr, ob sich eine erwachsene Person solcher Details erinnern kann.
Die Geschichte zieht den Leser einfach in den Bann dieser Personen, mit denen das kleine Mädchen, ausgestattet mit einem sehr hellen und vieles in Frage stellenden Geistes, zu tun hat.
Auch durch den Ton, den die erwachsene Frau erzeugt, die sich selbst mit du anspricht.
Je näher die „Erinnerungslupe“ über der Geschichte kreist, um so unfaßbarer wird das Erleben, egal, ob es Sätze des Lehrers oder Stimmen von Familienangehörigen sind. Und immer wieder blendet sich die Erzählerin in die Gegenwart ein, in die DDR der 70er Jahre.
So birgt das heutige Buch eine doppelte Vergangenheit – eine zweite Erinnerungsschicht.
Am Ende flieht die Familie nach Westen, und besonders in diesen Tagen scheint die Stärke dieser Mutter, Charlotte Jordan, keiner Grenzen zu unterliegen.
Obwohl das die Geschichte einer durchschnittlichen deutschen Familie ist, wird dem Leser immer wieder sehr deutlich vorgeführt, wie wenig von dem Mythos des „Nichts-gewusst-habens“ übrig bleiben kann.
Immer wieder die Frage der Erzählerin : Was macht uns zu dem, was wir heute sind?
Und im Titel liegt die Antwort:
"Kindheitsmuster, sagte H., beiläufig. Es war vor der Apotheke, Ecke Thälmannstraße. Damit war das geregelt.
„Muster kommt vom lateinischen „monstrum“, was ursprünglich Probestück geheißen hat und dir nur recht sein kann. Doch werden auch Monstren im heutigen Wortsinn auftreten.
Bald schon, jetzt gleich, der Standartenführer Rudi Arndt (ein Vieh, das glaub mir, nichts weiter als ein Vieh. Aussage von Charlotte Jordan.)"
BUCH BLOG - 3. Jan, 10:50