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Ilija Trojanow
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Nr. 13 Patricia Bosworth, Diane Arbus

Ich habe in den letzten Jahren in Galerien, vor allem in Deutschland, oft Bilder von Diane Arbus gesehen, sie aber immer nur oberflächlich als eine von den in den 60ern berühmten Fotografinnen wahrgenommen.

Durch die Biographie von wird aber sichtbar, was für ein besonderer Mensch hinter dieser Künstlerin steckt und wie sehr all die Regeln im Sinne von „Folgen einer Kindheit“ ihr Leben aufzeigt.
Diane Arbus wuchs als Kind mit zwei Geschwistern (Bruder Howard wird später ein anerkannter, aber doch nie wirklich geschätzter Autor in Amerika, die kleine Schwester Renee später Bildhauerin, ) in einer reichen aber kalten Familie auf. Es sind „die Russeks“, Pelzhändler, die im Laufe der Jahre eine Kaufhauskette aufbauen.
Immer von wechselnden Kindermädchen betreut, vor allem im Sommer, wo die Eltern regelmäßig auf Europareise gehen, leidet D. unter der Stimmung im Haus.
Sie beschreibt sie als künstlich, vom realen Leben abgehoben.
Es ist auch Sommer als D. ihren Selbstmord ausführt.

Nicht umsonst verbringt sie ihr Künstlerleben später mit der Suche nach dem ganz Anderen, nach dem Kontakt zu Leuten die am Rande oder außerhalb der Gesellschaft stehe: Huren, Zirkusleuten, Behinderten, Kleinwüchsigen, Dicken, Witwen, Dealern, Drogensüchtigen, ...

Mit ihrem Mann Allen Arbus beginnt sie als Modefotografin- nicht unverständlich- unter schwierigen Bedingungen zu arbeiten.
Sie bekommt zwei Mädchen, das Leben der jungen Familie ist von Einfachheit und Armut gezeichnet, die reichen Eltern verweigern ihre finanzielle Unterstützung.
Mit der Zeit erkennt auch die Umgebung die größere Begabung Dianes in diesem Doppelpack. Allen hat zudem den Wunsch, Schauspieler zu werden.
Sie ziehen häufig um, Diane beginnt allein mit dem Fotografieren von Kindern, Menschen mit Handicaps und ungewöhnlichen Menschen, was in dieser Zeit noch ein fotografisches Neuland war.

Die Depression, unter der auch ihre Mutter gelitten hat, setzt sich in Diane fort. Seit sie denken kann, leidet auch sie unter immer wieder auftauchender Depressionen.
Es ist ein Wechsel von Intensiver Arbeit, in der sie im Moment aufzugehen scheint, dann aber die Erschöpfung und Depression.
Während sie als Modeteam arbeiten, knüpfen sie viele wichtige Kontakte zu Fotografen, Berühmtheiten und andern Künstlern.
Es ist die Zeit der Hippiebewegung und der Gruppensexparties.
Dianes besondere Eigenheit ist ihre Kindlichkeit gepaart mit einer auf ihre Umwelt eigenartig wirkende Neugier. Sie fragt ungeniert nach dem Sexleben ihres Tischnachbarn und erzählt ohne Tabus von eigenen Erfahrungen.
Allen verliebt sich in eine junge Schauspielerin und trennt sich von Diane.
Trotzdem bleibt er ihr als Hilfe und Stütze lang verbunden, bis er wenige Jahre vor ihrem Suizid nach Kaliforniern zieht.

In den Jahren darauf durchlebt Diane eine intensive Arbeitsphase, unterbrochen durch langen depressiven Phasen, die auch nicht durch Therapien oder Medikamenten gelindert werden können.

Während sie an Berühmtheit gewinnt, erscheint sie von außen den Freunden und Fremden immer öfter wie ein dünnes, kleines, verlorenes Mädchen, das unendliche Einsamkeit ausstrahlt.

Einer der wichtigsten Menschen wird ihre Lehrerin Lisette Model.
Model ist auch die einzige, die erkennt daß Diane unter mehr als Depressionen leidet , sie vermutet hinter dem seltsamen Verhalten eine Form von Schizophrenie.
Später gibt auch D. Workshops und Kurse und wird zur begehrten Lehrerin. Ohne Ausbildung gelingt es ihr , die jungen Studenten durch ihre intensiven Erzählungen und ihre eigene Begeisterung für die Fotografie, für sich zu gewinnen.

Vor ihrem Tod mehren sich die Erzählungen von Menschen die mit ihr zusammentreffen und sich auch oft mißverstanden oder verärgert fühlen.
Sie ist eine schwierige Künstlerin, nimmt die zahlreichen Angebote von Galerien nur zögernd an oder zieht sich ohne Erklärung von Vereinbarungen zurück.

Immer öfter spricht sie davon, daß sie genug hätte.
Ihren Suizid kündigt sie immer wieder an.
1971 schneidet sie sich in ihrer Badewanne die Pulsadern auf und wird erst 3 Tage später gefunden.


Im Lesen sind mir immer mehr Bilder vor Augengetreten die ich irgendwann abgespeichert habe.
Besonders hat mich die Stellung der jungen D. berührt, diese Gefangenschaft in der Familie in der niemand sie verstanden hat und in der sie ihr „psychisches Programm für ihr weiteres Leben überspielt“ hat.

Auf sie trifft die Meinung zu, daß Kinder deren Mütter depressiv sind, also die Gefühle des Kindes nicht spiegeln können, selbst in Gefahr sind, dieses Schicksal zu wiederholen.

Auch diese Scham, die Diane lebenslang verfolgt hat , als sie bei ihren Reisen in Slums und die Unterwelt auf das wahre Leben stößt, hat mich berührt.
Mir erscheint ihre Arbeit wie eine Gutmachung an den Ausgegrenzten , die diese eben durch sie mit ihrer Fotografie durchführt.

Auch hier trifft zu, was immer im allgemeinen aufgeführt wird, daß ein Familienglück, das sie ja lange lebte mit Mann und Kindern keineswegs ausschließt an Depressionen zu erkranken.

Einer weiterer Grund dieses Buch zu lesen, ist die detailreiche Sozialstudie der Zeit zwischen 1950 und 1970 in New York.
Das Leben von Menschen im Kunstbereich aber auch die andere Seite, derer die nur von außen in diese Leben hineinblicken.

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Zuletzt aktualisiert: 2. Feb, 12:45

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